Meine Seele finden sie dann im Anhang…

QuitComplainingAboutYourJ_5

Sehr geehrter Arbeitgeber,

Mit mittelmäßigem Interesse las ich Ihr Inserat in der Zeitung, die ich eigentlich nie lese und nur zwecks des Kinoprogramms und aus Imagegründen kaufe, in welcher Sie eine Stelle als Marketing-Assistentin ausgeschrieben haben. Ich bewerbe mich somit, weil mir das AMS gesagt hat, man müsse sich auch auf Stellen beziehen, die man inhaltlich ganzheitlich ablehnt (heimlich). Von Marketing verstehe ich eigentlich nichts, besonders nicht, was der Unterschied zwischen Marketing und PR sein soll und eine Assistenz riecht für mich sowieso auch ein bisschen nach Sekretärin, eine Position für die ich mich hinter vorgehaltener Hand überqualifiziert fühle. Aber man will ja nicht so sein.

Ich bin eine äußerst angepasste Mitarbeiterin, die Verschwörungen gegen die Geschäftsführung am Raucherhof nicht nur aufrechterhält sondern auch durchaus zu spinnen weiß. Ich krieche so subtil in den Arsch jener, die in der Kaste ober mir  um Punkt 12:15 „Mahlzeit“ sagen, dass ich sowohl bei meinen gleichgestellten Kollegen schimpfend sitzen – als auch bei den 12:15ern die Inkompetenz meiner Sitznachbarin anprangern kann. Eine meiner größten Stärken liegt dabei in meiner Flexibilität – sich bei jemandem auf den Schoß zu setzen oder ihm ein Messer in den Rücken zu rammen ist nur eine Frage der Einstellung und der Auftragslage. Zudem fällt das Zustechen leichter, wenn sich Besagter bereits auf deinem Schoß befindet – in meinem Portfolio können Sie diesbezüglich genaue Referenzen der Opfer einsehen (mit Zitaten!).

Die Flexibilität zeigt sich auch beim Wendegrad meines Halses. Nach jahrelanger Übung schaffe ich es nicht nur in den Enddarm meiner Vorgesetzten, sondern bin auch schon öfter in den Dünndarm vorgedrungen. Qualifikationen inklusive genauer Zentimeter-Angabe finden Sie ebenfalls im Anhang.

Weiter bin ich überaus belastbar und bereit, für das gemeinsame Projekt kompromisslos zu agieren: Ich chatte großzügig während der Arbeit (4 Chatpartner gleichzeitig → multitaskingfähig), esse Dinge aus dem Kühlschrank von welchen ich vorher das possessive Post-it meiner Kollegen entferne, bücke mich rechtzeitig, lasse mich zu kompromittierenden Spritzern mit den Kollegen hinreißen, stemple mich stets eine Stunde zu spät aus (nutze sinnvoll die Zeit für private Angelegenheiten), sammle Überstunden um Urlaubstage zu vermeiden und ertrage Witze über mein Dekolletee, sofern dies für mich einen Vorteil birgt.

Dabei werde ich von meinem Umfeld als durchaus verlässlich beschrieben: Wenn ich beispielsweise verschlafe, sage ich sicher, dass der Bus oder der Stau oder mein Schlüssel oder sonst wer schuld sei. Erhalte ich Informationen, die durch einen naiven Kollegen im Vertrauen an mich serviert, Ihrem Unternehmen schaden könnten, leite ich diese im emotionalen Anhang sofort an Sie weiter, und sage auch brav, dass mir die Konsequenz der Kündigung desjenigen nicht bewusst war. Sie können sich also meiner Loyalität der gemeinschaftlichen Heuchelei des Gutwillens und Engagements gewiss sein.

Ich würde mich über eine Rückmeldung wirklich freuen, vorausgesetzt, Sie nehmen mich dann auch. Wenn nicht, werde ich sagen, dass ich in Ihre Luschi-Firma eh nie rein wollte.

Mit freundlichen Grüßen

Sarah Eder

2 Gedanken zu “Meine Seele finden sie dann im Anhang…

  1. Ich, als zuverlässiger MItwirkender der Drehstuhlpräsenz kann dies nur bezeugen.

  2. Pingback: Meine Seele finden sie dann im Anhang… | mosaik

Hinterlasse einen Kommentar